Musik beim Laufen

ein Thema, das verlässlich für Diskussionen sorgt, wenn man es in Frage stellt. „Ohne Musik kann ich nicht laufen“, „Da wäre mir ja fad beim Laufen“, „Ich brauch das einfach“.

Verstehe ich voll und auch ich bin von der ersten Laufeinheit jahrelang immer mit Musik im Ohr gelaufen.

Und über die passende Playlist für die jeweilige Laufeinheit läßt sich stundenlang tüfteln. Manchmal ist es keine Musik, sondern Texte – ich kenne Läufer, die (besonders bei den langen Läufen) Hörbücher „verschlingen“, ich habe bei meinen ersten Halbmarathons Gunkel und Ähnliche Kabarettisten im Ohr gehabt (und damit rasch wieder aufgehört – nach 5 KM war zu wenig Sauerstoff im Hirn verfügbar, um die berüchtigten Gunkelschen Schachtelsätze auch nur annähernd zu verstehen)

Und ich will die Vorteile der Musik beim Laufen gar nicht in Abrede stellen. Ja, ich weiß, das es motivationsfürdernd wirkt. Ja, bei Tina Turners „Proud Mary“ gebe ich sogar bei den langen langsamen Läufen Vollgas, weil die Musik direkt in die Beine geht.

ABER

Ich empfehle jedem, das Laufen ohne Musik zumindest einmal auszuprobieren.

Und das aus verschiedenen Gründen:

  • Umweltgeräusche
    Gut, beim Laufen rund um den Ring nicht so das Argument, aber ein Lauf durch den Wald macht mir mittlerweile ohne Musik wesentlich mehr Spaß. Der Wald ist nicht leise und mich motiviert das Vogerlgezwitscher mittlerweile mehr als die Tina Turner
  • Konzentration auf den Laufstil
    Der eigentliche Grund, warum ich mit der Musik aufgehört habe. Ich bin wesentlich aufmerksamer beim Laufen, höre und spüre meinen Körper besser und kann damit sehr konzentriert an der Lauftechnik arbeiten.
    „Aber ich will ja die Müdigkeit in meinem Körper nicht spüren“ – ja, eh. Körper spüren bedeutet nicht, den kleinsten Schmerz aufzubauschen, zu warten, bis sich die ersten Anzeichen von Müdigkeit zeigen. Körper spüren bedeutet, das man in sich hineinhört, wie gut die Maschine eigentlich rennt, die Veränderungen spürt, wenn der Körper andere Energiereserven anzapft, wenn der Körper Hormone ausschüttet, den Boden unter den Füßen zu spüren.
    „Aber ich will mich nicht konzentrieren, ich will mich beim Laufen entspannen“ – Richtig. Und genau das passiert (bei mir zumindest) wenn sich der Geist 60 Minuten auf das Laufen konzentriert und sonst auf nichts. Wenn ich an meiner Haltung arbeite, an der Schrittfrequenz, an der Armhaltung. Für mich ist das gut vergleichbar mit Mountainbiken im Wald – auch hier bin ich voll konzentriert auf den Weg, den Wald, das Fahren. Beides entspannt mich total.
  • Kommunikation bei Wettkämpfen
    Besonders bei Laufevents gibt es einen riesen Unterschied, ob Du mit oder ohne Musik läufst. Mit Musik bist Du alleine unter hunderten von Läufern und tausenden von Zuschauern. Mit Musik gibt es Dich, die Straße und die Uhr. Ohne Musik ist man mitten drin und live dabei. Besonders beim Marathon in Berlin ist mir das aufgefallen – hier steht der Vorname groß auf der Startnummer (wäre auch in Wien super) und das Publikum feuert Dich mit deinem Namen an „Komm Christian, Lauf, du schaffst es“. Seit dem ich Wettkämpfe ohne Musik laufe, nehme ich das Publikum rundherum viel mehr war, kommuniziere mit den Leuten und lasse mich motivieren.
    Genauso rede ich mit anderen Läufern, frage Barfußläufer und Minimalschuhläufer nach ihren Erfahrungen, motiviere die langsamen und lass mich von den Schnellen motivieren.

Also einfach mal ausprobieren beim nächsten Lauf. Und vielleicht nicht nur die Musik weglassen, sondern auch die ganze restliche Technik – Laufuhr, Runtastic, Herzfrequenzmesser… Natural running verändert echt die Perspektive aufs Laufen – und ist viel mehr als das Weglassen von gepolsterten Laufschuhen….

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